Das besondere Foto
Mein besonderes Foto
habe ich vor über zehn Jahren in dem kleinen Ort Govelin aufgenommen. Im Juni 2012 besuchte ich die dort stattfindenden Feuerlilientage, ein kleines Fest mit Bratwurst und selbstgebackenem Kuchen. Dieses war jedoch nicht das Ziel, sondern eine Wanderung auf dem Feldlilienpfad in der Nähe des Ortes.
Geführt von Herrn Bergmann, dem Bauern und Besitzer der Äcker, begleitet von einem Geologen, der jeden Stein auf dem Weg bestimmen konnte, aus welchem Bereich Skandinaviens dieser in unsere Region gelangt ist
Einige Jahre später begab ich mich nochmals zur gleichen Zeit nach Govelin, war allerdings enttäuscht, es gab kein Fest mehr und der Bestand der Pflanzen war merklich reduziert. Aus gesundheitlichen Gründen konnte Herr Bergmann das Projekt nicht mehr in dem nötigen Maße fortführen und ich gehe davon aus, dass es heutzutage wohl kaum noch Feuerlilien in Niedersachsen gibt, es war das einzige Vorkommen in unserer Region.
Die Herrin der Äcker - die Acker-Feuerlilie.
Die Ackerböden rings um Govelin bringen eine Rarität hervor. ln den Feldern des Dörfchens im nordöstlichen Niedersachsen wuchsen große Vorkommen der Acker-FeuerliIie.
Jahr für Jahr kamen Liebhaber und Fachleute im Juni und Juli nach Govelin
im Wendland, um die orangeroten Blüten der sehr seltenen Acker-Feuerlilien zu bewundern. Wie Flammen leuchten sie dann zu Hunderten aus den Getreidefeldern hervor.
Hier, auf den nährstoffarmen, von den Bauern schonend bewirtschafteten Äckern findet die Lilium bulbiferum subspecies croceum Thren letzten ursprünglichen Lebensraum.
Vom Gebirge auf den Acker
Mitte des 18. Jahrhunderts beschrieben Botaniker die Acker-Feuerlilien als Ackerwildkraut im Nordwesten Deutschlands und in den nördlichen Niederlanden. Ob sie in diesen Breiten als heimisch zu bezeichnen sind, wird
diskutiert. Die Pflanze ist eine Unterart der Feuer-Lilie, die natürlich in den europäischen Gebirgen vorkommt, besonders im Engadin in der Schweiz, in den italienischen und französischen Seealpen sowie auf Korsika.
Die Acker-Feuerlilie könnte nach der letzten Eiszeit von Ackerbauern nach Nordwesteuropa gebracht worden sein. Auf den sandig-lehmigen und schwach sauren Böden fand sie über Jahrhunderte in den Getreidefeldern ideale Wachstumsbedingungen und konnte sich vermehren. Doch durch die
Intensivierung der Landwirtschaft ist die Lilie fast ausgestorben. Nur in Gärten konnte sie überleben. Es ist einzigartig, dass sie in Govelin noch als Wildkraut zwischen Roggen oder Hafer wächst.
Wächter der Lilie
Auf dem Rundbogen über der Haustür von Familie Bergmann in Govelin blüht die Acker-Feuerlilie das ganze Jahr. Christel Bergmanns Vorfahren, die das niedersächsische Vierständerhaus im Jahr 1862 errichteten, schnitzten zwei Exemplare in die Balken und malten sie mit brauner und roter Farbe an. Fast eineinhalb Jahrhunderte wachte die Acker-Feuerlilie über das Haus der Bauernfamilie. Heute wacht die Bauernfamilie über die letzten natürlichen Vorkommen der Lilienart. Seit Jahren bewirtschaften Christel und Harry
Bergmann die 4O Hektar große Ackerfläche, auf der sie wächst, besonders
schonend: Im Herbst bearbeiten sie den Boden mit einer Scheibenegge, die
maximal 15 Zentimeter tief schneidet. So geraten die Lilienzwiebeln nicht zu weit unter die Erde. Und wie ihre Vorfahren säen sie überwiegend Getreide ein. Auch verzichten sie auf Herbizide und Dünger.
Mit viel Herzblut engagieren sich Christel und Harry Bergmann für ihre einzigartige Kulturlandschaft. Mit ihrem landwirtschaftlichen Betrieb beteiligen sie sich auch an einem Vogel- und Wildkräuterschutzprogramm.
lm Rhythmus mit dem Roggen
Seit Jahrhunderten haben sich die Acker-Feuerlilien dem Jahresrhythmus von
Wintergetreide, speziell von Roggen, angepasst. Das Durchmischen des Bodens im Herbst begünstigt sogar ihre Vermehrung. Mutterzwiebeln werden während der Bodenbearbeitung zerteilt und einzelne Schuppen beginnen wieder zu keimen. Auch die Brutzwiebeln, die an den Wurzeln der Lilie, seltener in den Blattachseln, wachsen, gelangen im Herbst durch die Bodenbearbeitung unter die Erde.
Langfristig sichern jedoch nur die durch Samen vermehrten Pflanzen den Fortbestand der Art, da sie über mehr Genvariationen und somit über eine größere Anpassungsfähigkeit verfügen. Christel und Harry Bergmann berücksichtigen auch dies und bearbeiten ihre Äcker daher erst im September, wenn der Samen ausgereift ist.







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